BLOG 05 / 2012: Investmentbanker – der beste Job der Welt!
Passend zum 1. Mai stellt sich die Frage, welcher der beste Job der Welt ist. Nebenbedingung: Die Tätigkeit muss entlohnt werden.
Schwierige Frage – einfache Antwort: Investmentbanker. Die verdienen nämlich höllisch viel Geld, wenn es gut läuft. Und wenn es mal schlecht läuft, dann bleibt noch überdurchschnittlich viel übrig.
Aber das mit dem Geld ist gar nicht der Trick. Diese Menschen schuften ja nicht 80, 90 oder mehr als 100 Stunden die Woche nur für Autos, Haus und Luxus. Der Trick ist, dass es nicht viele Jobs gibt, in denen extrinsische und intrinsische Motivation gleichermaßen auf höchstem Niveau bedient werden wie eben im Investmentbanking.
Viel spannender als die extrinsische (mit Geld und Prestige als Belohnung) ist die intrinsische Motivation: Nehmen wir zur Verdeutlichung einfach einmal die drei Basismotive nach McClelland: Macht, Leistung und Affiliation[1], die intrinsisch wirken. (Das Konzept ist zwar schon etwas älter, aber warum Neues bemühen, wenn Bewährtes ausreichend erklärt?)
Macht steht für die Kontrolle über die Umgebung (Dinge und Menschen). Personen mit einem stark ausgeprägten Machtmotiv stimmen eher Items wie „Ich möchte gerne die Fäden in der Hand halten“ zu.
Leistung bedeutet, Anforderungen übertreffen zu wollen, um auf die eigene Leistung stolz sein zu können. Sich mit anderen zu messen ist wichtig. Personen mit einem stark ausgeprägten Leistungsmotiv stimmen eher Items wie „Es macht mir Spaß zu zeigen, dass ich etwas kann“ zu.
Affiliation meint das Bedürfnis nach sozialem Kontakt, anderen nahe zu sein und zu kooperieren. Man möchte Teil eines attraktiven Ganzen sein. Personen mit einem stark ausgeprägten Affiliationsmotiv stimmen eher Items wie „Es macht mir Spaß, gemeinsam mit anderen, in einem Team zu arbeiten“ zu.
Ad 1. Die an einer Unternehmenstransaktion beteiligten Investmentbanker kontrollieren den Deal – zum Teil auch den Klienten; oftmals mächtige CEOs und CFOs. Und bei großen Wertpapieremissionen oder im Marktgeschäft der Investmentbanken ist das nicht anders. Finanzmarkt-Effizienzhypothesen spielen hier keine Rolle. Die kognitive Investition (= Beeinflussung) in das Spreadsheet, den Vertrag und den Prospekt zahlt sich aus. Was der Investmentbanker denkt und sagt, bewegt Menschen und Märkte.
Ad 2. Im Leistungswettbewerb zu stehen und sich mit anderen Kollegen, Teams oder Banken zu messen ist Teil des Geschäfts. Die Besten machen den Deal und erhalten die Transaction Fee bzw. den Bonus, werden befördert und veröffentlichen den Tombstone: Balsam für die Seele (und das Portemonnaie).
Ad 3. Schließlich ist es belohnend, zu einem erfolgreichen Team und / oder einer renommierten Bank zu gehören, die aufgrund ihrer Geschichte und ihrer Erfolge ein starkes Image am Markt hat wie bspw. Goldman Sachs, J.P. Morgan oder Morgan Stanley.
Hinzu kommt, dass man sich bei dieser Tätigkeit schnell in einem sog. Flow befindet, was zu einem Glückserleben führt.[2] Die Aufgabe ist spannend und die Zeit vergeht, ohne dass man es bemerkt. Die Arbeit macht einfach Spaß – Selbstverstärkung par excellence.
Die Gefahr, die von diesem idealen Job ausgeht, ist gleichwohl, dass die permanente Aktivierung des Belohnungszentrums zu unkontrollierter Arbeitsbelastung mit psychischen und physischen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann.
Na gut, vielleicht hat auch das Image des Investmentbanking durch die Finanzkrise ein wenig gelitten. Wobei die deutsche Neidgesellschaft ja schon reflexartig empört reagiert, wenn jemand mal im siebenstelligen Bereich verdient. Ja, und auch die Risikopositionen, die im Marktgeschäft der Investmentbanken eingegangen werden, müssen im Zweifelsfall von den Eigentümern (und ggf. der Allgemeinheit) ausgeglichen werden, wenn es mal schiefgeht; kann vorkommen. Der Investmentbanker riskiert dabei „nur“ seinen Bonus und seinen Job. Und auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird durch die Arbeitszeiten nicht gerade gefördert. Schließlich finden heute auch einige sog. High-Potentials oder Talente Investmentbanking nicht mehr so spannend wie noch die Hochschulabsolventen der 1980er und 1990er Jahre, weil Work-Life-Balance und Nachhaltigkeit zu kurz kommen.
Aber wenn man diese „Kleinigkeiten“ jetzt einfach einmal bei Seite schiebt, dann bleibt die faszinierende gleichzeitige Bedienung extrinsischer und intrinsischer Motivation auf höchstem Niveau. Wer mag dazu schon „Nein“ sagen?
[1] Vgl. McClelland, D.C. (1984). Human motivation. Glenview. Zu McClelland selbst: http://de.wikipedia.org/wiki/David_McClelland
[2] Vgl. Csíkszentmihályi, M. (2008). Flow. Stuttgart.